Urteil des Oberlandesgerichts Schleswig

Unterbringung zum Zwecke der Heilbehandlung

zu BGB § 1906 1 Nr. 2

Die Unterbringung zu einer Heilbehandlung ist nicht erforderlich, weil nicht erfolgversprechend, wenn der Betroffene zu der beabsichtigten psychiatrischen Behandlung nicht bereit ist. Die Krankheits- und Behandlungseinsicht darf durch die Unterbringung nicht erzwungen werden.
OLG Schleswig. Beschl. v. 3.11.1999 - 2 W 173/99

Zum Sachverhalt:
Das VormG hat auf Antrag des Betreuer nach Anhörung einer ärztlichen Sachverständigen und des Betroffenen mit Beschluss vom 14.9.1999 die Unterbringung des Betroffenen in einer geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses bis zum 14.9.2000 genehmigt. Auf die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Betroffenen hat das LG nach Anhörung ärztlicher Sachverständiger und des Betroffenen den Beschluss des AG aufgehoben und die sofortige Wirksamkeit seiner Entscheidung angeordnet.
Die sofortige weitere Beschwerde des Betreuer wurde zurückgewiesen.

Aus den Gründen:
Dass die Voraussetzungen für eine Unterbringung nach § 1906 1 Nr. 1 BGB nicht vorliegen, stellt der Betreuer nicht in Frage. Für das Gegenteil gibt es nach dem gegenwärtigen Stand des Verfahrens auch keine Anhaltspunkte. Die Genehmigung der Unterbringung kann aber auch nicht auf die Vorschrift des § 1906 1 Nr. 2 BGB gestützt werden. Danach ist eine Unterbringung des Betroffenen durch den Betreuer, die mit Freiheitsentziehung verbunden ist, nur zulässig, solange sie zum Wohl des Betroffenen erforderlich ist, weil eine Heilbehandlung notwendig ist, ohne die Unterbringung des Betroffenen nicht durchgeführt werden kann und der Betroffene auf Grund einer psychischen Krankheit oder geistigen oder seelischen Behinderung die Notwendigkeit der Unterbringung nicht erkennen oder nicht nach dieser Einsicht handeln kann.

Der Betroffene ist zwar psychisch krank im Sinne dieser Bestimmung. Notwendig ist ein Heilbehandlung jedoch nur dann, wenn einerseits die Gefahr nicht auf weniger einschneidende Art abgewendet werden kann und andererseits die Maßnahme geeignet ist, den gewünschten Erfolg herbeizuführen (BT-Dr 11/4528, S. 147). Die Erforderlichkeit der Unterbringung ist der strengen Prüfung am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu unterziehen, da die Freiheit der Person ein so hohes Rechtsgut darstellt, dass sie nur aus besonders gewichtigem Grund angetastet werden kann (BVerfG, 1998). Jegliche Art von psychiatrischer Behandlung bedarf aber der Einwilligung und Mitarbeit des Patienten (Jürgen/Kröger/Marschner/Winterstein. Das neue BetreuungsR. 4. Aufl., Rdnr. 509).

Daran fehlt es nach dem Akteninhalt. Der Betroffene ist ersichtlich nicht bereit, sich einer längerfristigen Heilbehandlung zu unterziehen. Eine Unterbringung zur Erzwingung der Krankheits- und Behandlungseinsicht ist aber unzulässig (L.G Frankfurt a.M., FamRZ 1993, 478: Saage/Göppinger, Freiheitsentziehung und Unterbringung, 3. Aufl., § 1906 BGB Rdnr. 21). Das Rechtsmittel kann daher nach dem gegenwärtigen Verfahrensstand in der Sache keinen Erfolg haben.

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